Bücher von Prominenten sind oft eine zwiespältige Sache: einerseits interessant, weil sie Einblicke gewähren, andererseits schlicht nicht gut geschrieben. Deshalb war ich skeptisch, als mir die „Süddeutsche Zeitung Edition“ ein Exemplar von „Wie schmeckt trocken?“ schickte. In Weinkreisen kennt den Autor fast jeder: Markus Del Monego, einziger deutscher Sommelierweltmeister, Master of Wine und scheinbar überall dabei.
Am Anfang schien ich recht zu behalten. Del Monego mag sich mit Wein auskennen wie nur wenige – schreiben hat er nicht gelernt. Sein Tonfall ist betulich bis väterlich und belehrend. In den kurzen Kapiteln springt er von Thema zu Thema – wo ist der rote Faden? Mühsam kämpfe ich mich durch die ersten Seiten und bereue schon, diese Rezension schreiben zu wollen. Ich schimpfe so ungern.
Aber dann beginnt auf Seite 27 das Kapitel mit dem Titel „Das sensorische Dinner“. Erst merke ich auf, dann bin ich interessiert, dann gefesselt. Denn so etwas habe ich in keinem anderen Buch über Wein gelesen. Del Monego schlägt vor, ein besonderes und lehrreiches Dinner zu veranstalten. Dazu solle man zunächst Wasser mit Geschmack anrühren:
Zucker = süß
Salz = salzig
Zitronensaftkonzentrat = sauer
Schwarzteebeutel = bitter
Ist alles probiert, ist der Geschmackssinn kalibriert. Nun bekommt jeder Gast einen Teller mit ungetoastetem Toastbrot, Hartkäse wie etwa Parmesan, frischem Apfel mit etwas Zitronensaft beträufelt, saftiger Orange, Gewürzgurken und Zwiebeln. Dazu ein paar Weine: ein trockener, säurebetonter und frischer Weißwein, ein tanninbetonter Roter, ein Weißwein mit feiner Säure und deutlicher Restsüße. Nun probieren alle die Häppchen mit den Weinen. Ich will die Ergebnisse nicht vorweg nehmen, aber am Ende werden alle eine Menge gelernt haben über die Kombination von Süße, Salzigkeit, Säure und Bitternoten.
Dieses Kapitel hat mich echt reingezogen. Nun stört mich auch der wirre Aufbau nicht mehr so sehr. Ich begreife das Buch nun vielmehr als eine Aneinanderreihung von Anekdoten aus der Welt des Weins und dem Leben von Del Monego. Das ist manchmal banal, manchmal recht unterhaltsam und auf jeden Fall geeignet, um beim nächsten Abendessen im Restaurant mit ein paar Anekdoten unterhalten zu können.
Nur eins ärgert mich wirklich: Autor und Verlag haben es hier und da mit der Genauigkeit der Fakten nicht so ernst genommen. So behauptet Del Monego steif und fest, dass man an bestimmten Punkten der Zunge verschiedene Dinge besonders gut schmecke, wie etwa süß an der Zungenspitze. Das dachte man tatsächlich viele Jahre lang, ist aber von der Forschung längst widerlegt. Oder die Hektarzahl der Weinberge, die in Deutschland biologisch bewirtschaftet werden: Im Buch ist die Zahl 1600 zu lesen. Dabei hätte ein kurzer Besuch der Seite des Deutschen Weininstituts genügt um festzustellen, dass es inzwischen rund 8000 Hektar sind.
Ärgerlich und überflüssig!
Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen und bin seitdem tatsächlich ein klein wenig schlauer. Del Monego hat das Schreiben offenbar Spaß gemacht. Vor ein paar Tagen schickte mir der Verlag die Fortsetzung „Wie schmeckt rot?“.

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